Konservierung und Restaurierung der Wandmalereien (11. Jh.)
Frühmittelalterliche Malereien

Die Kirche

E

s handelt sich um einen einfachen Saalbau mit einem seitlich zu diesem, gegen Osten angefügten Turm. Die Kirche hat mehrere Veränderungen erfahren. Grabungen erbrachten Hinweise auf eine bereits im 8. oder 9. Jh. hier bestehende Vorgängerkirche. Die Kirche weist Wandmalereien auf, die auf die Zeit um 1070 datiert werden.

Die Aufdeckung

„… Danach trug man 1892 das schwere gotische Steildach der baufälligen Kirche ab. Als der Dachstuhl weggeräumt war, entdeckte man wieder die alten, erschreckend breiten Mauerrisse. Doch wollte man, ehe man den ganzen Bau niederlegte, den Rat des leitenden Architekten einholen. Bis dieser aus Stuttgart herauf in das Albdorf kam, vergingen sechs Wochen. In dieser Zeit hatten sich, von Sturm und Regen beeinflusst, Teile des Verputzes an der Ostwand abgelöst, und es kamen darunter alte Malereien zum Vorschein, welche die Maurer veranlassten, weiter nachzuforschen. Als dann der Stuttgarter Baurat erschien, hatten diese ungeschulten Hände die ganze Ostwand abgeschält, und es zeigte sich den staunenden Blicken das bekannte große Weltgerichstbild. Da es sich hier offenbar um ein bedeutendes Kunstdenkmal handelte, ließ der Architekt die Niederreißung der Kirche, die man inzwischen begonnen hatte, einstellen…“

Ostwand - Christus in der Mandorla.
Ostwand - Christus in der Mandorla.
Angetroffener Zustand. Zu sehen ist ein Detail der Ostwand.
Angetroffener Zustand. Zu sehen ist ein Detail der Ostwand.
Die Geschichte

Der Auftraggeber dieses Neubaus und seiner Ausmalung war das Kloster Ottmarsheim. Die Vermittlerrolle zwischen dem Inselkloster und dem vom Bodensee weitab gelegenen Burgfelden dürften die Landolte von Winzeln übernommen haben, ein Geschlecht, das mit der Stifterfamilie des Klosters Ottmarsheim eng verwandt, zu dieser Zeit die Vogtei des Klosters Reichenau innehatte und in der Nähe von Burgfelden ansässig war.

Die Ikonographie

Die Malereien des 11. Jh. erstrecken sich über die Ost-, Süd- und Nord-wand, und nur in den oberen Wandbereichen. An der Westwand bestehen keine Malereien mehr, da diese Wand im 16. Jh. erneuert und dabei etwas zurückversetzt wurde. Die Ostwand zeigt die Auferstehung des Fleisches und das Weltgericht. Die Bildszene führt über die Maueranschlüsse bis zum jeweils ersten Fenster der Nord- bzw. Südwand. Die Nordwand zeigt „Die Apostel und Propheten“ und „Die Parabel vom barmherzigen Samariter“. Die Südwand zeigt „Der Sturz des Drachens“, „Das Lamm auf Zion“ und „Die Parabel vom reichen Prasser“. Auf den Malereien haften zum Teil noch Malereireste später erfolgter Übermalungen des 15. und 17. Jahrhunderts.

Maltechnik

Bei den Malereien handelt es sich um eine Mischtechnik. Teile der Malerei, so z.B. das Mäanderband sind in Buonfresko-Technik ausgeführt. Andere Bereiche der Malerei, wie Gewänder und Gesichtszüge sind in Secco-Technik d.h., unter Zusatz eines Bindemittels fertiggestellt worden. Diese meist weniger dauerhafte Maltechnik, die späteren Überarbeitungen und die unsachgemäße Freilegung 1892 liessen diese empfindliche Malschicht fast vollständig verloren gehen. Der sehr bedauerliche Verlust gibt uns jedoch interessante Einblicke in die Maltechnik bzw. den Aufbau einer solchen frühmittelalterlichen Malerei. So ist sozusagen das „Grundgerüst“ der Malerei die Vorzeichnung in Form dünner roter Pinselstriche ablesbar, die dann von der eigentlichen Malerei überdeckt wurde.

Ostwand - Christus in der Mandorla.
Ostwand - Christus in der Mandorla.
Restaurierungsgeschichte

Im 19. Jh. wurden von den Malereien Pausen im Maßstab 1:1 angefertigt. Inwieweit damals bereits erste Konservierungsschritte durchgeführt wurden ist nicht genauer überliefert. Um 1954 erfuhren die Malereien eine umfassende Konservierung und Restaurierung, über deren genaueren Umfang, Methodik, Materialien und Rezepturen keine näheren Angaben bekannt sind. Festzustellen sind großflächige und kleinteilige Putzergänzungen mit Kalkmörtel, sowie großflächige Übermalungen der Neueinputzungen und kleinteilige Vollretuschen mit Leimfarbe. Vom Mauerwerk gelöste Putzflächen wurden mit Kalkmörtel hinterfüllt. Mürber Putz wurde mit Sinterwasser gefestigt.

Anlass der nun durchgeführten Maßnahmen

Die erwähnte, 1954 durchgeführte Festigung mit Kalksinterwasser führte zu einer deutlichen Vergrauung und damit zu einer sehr verminderten Ablesbarkeit der Malereien. Diese Tatsache und die Gefahr irreparabler Beschädigung der Malereien waren Anlass für die nun durchgeführte Konservierung und Restaurierung.
Die Restaurierung der 50er Jahre umfasste weitgehende Putzergänzungen mit einem Kalkmörtel. Die gekitteten Fehlstellen, verbliebene kleinteilige Ausbrüche und zum Teil auch die großflächigen Putzergänzungen wurden in Leimfarbtechnik farblich dem Umgebungsfarbton angeglichen. Die Maßnahmen sahen nun vor, die die Malerei gefährdende Vergrauung (Calziumcarbonatablagerungen) abzunehmen und alle konservatorisch erforderlichen Arbeiten durchzuführen. Die Vorgehensweise wurde in Zusammenarbeit mit der Restaurierungswerkstatt des Landesdenkmalamtes entwickelt. Es wurden Versuche durchgeführt und eine Musterfläche angelegt. Im Sommer 2002 wurden die Arbeiten begonnen und werden planmäßig im September 2003 abgeschlossen.

Durchgeführte Maßnahmen
  • Malschichtfestigung
  • Abnahme der Vergrauungen mittels demineralisierten Wassers und Abnahme verbliebener Tünchereste früherer Überfassungen
  • Mörtelkonsolidierung
  • Abnahme kleinerer und weniger grösserer Putzergänzungen der Restaurierung der 50er Jahre, welche sich sehr schlecht in die Umgebung einbanden
  • Neueinputzungen und Kitten kleinerer Ausbrüche mit Sumpfkalkmörtel
  • partielle Retuschen (feinteilige Strichretuschen)
  • diverse Putzergänzungen